Was einst als Reaktion auf massive rechtliche Bedrohungen durch die damalige Bundesanstalt für Arbeit begann, wuchs zum bedeutendsten Wirtschaftsverband der Live-Entertainment-Branche heran. Die Behörde warf Künstlervermittlern und -managern damals unerlaubte Arbeitsvermittlung vor und untersagte ihnen die Berufsausübung. Erst nach fünf Jahren und zahlreichen, von mir initiierten Prozessen entschied die Justiz: Künstlervermittlung ist keine illegale Arbeitsvermittlung, sondern eine zulässige Vermittlung in selbständige Dienst- oder Werkverträge. Das Urteil war ein Meilenstein – nicht die Künstlervermittler handelten rechtswidrig, sondern die Arbeitsbehörde.
Nach dem erfolgreichen Einsatz des idkv für die Interessen der Künstlervermittler rückten ab 1990 auch die Konzert- und Tourneeveranstalter in den Mittelpunkt der Verbandsarbeit. Der Verband der Künstlervermittler entwickelte sich so zu einem Verband für beide Berufssparten, während der Kurzname idkv zunächst erhalten blieb. Um diese Ausweitung noch klarer zu unterstreichen, wurde der idkv 2010 in bdv – Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft umbenannt. Mit der späteren Fusion mit dem VDKD entstand daraus schließlich der heutige BDKV.
1995 veröffentlichte der Verband erstmals auf Grundlage von Daten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) statistisches Zahlenmaterial zur Veranstaltungswirtschaft. Dieser Schritt trug entscheidend dazu bei, die Branche sichtbar zu machen, und markierte zugleich den Beginn der Öffentlichkeitsarbeit des Verbands. In den folgenden Jahren wurden die Erhebungen regelmäßig fortgeführt.
Ein historischer Moment der Verbandsarbeit war in den 1990er Jahren die Initiative zur Schaffung des heute etablierten Ausbildungsberufs Veranstaltungskaufmann/-frau. Ziel war es, Nachwuchskräften eine fundierte Ausbildung in kaufmännischen Grundlagen und den gesetzlichen Rahmenbedingungen der Branche zu bieten – weg vom reinen „Learning by Doing“. Als vom Bund ernannter Sachverständiger habe ich zwei Jahre lang an der Entwicklung des Ausbildungsrahmenplans, der Prüfungsordnung und der Ausbildungsinhalte mitgewirkt. Die Erfolgsbilanz ist beeindruckend: Seit 2001 haben fast 30.000 junge Menschen diese Ausbildung abgeschlossen und tragen damit die professionelle Basis der Veranstaltungswirtschaft in die Zukunft.
Parallel dazu knüpfte der Verband gezielt politische Kontakte – vor allem auf Bundesebene. So entstand ein breites Netzwerk bis in die politischen Spitzen, das es ermöglichte, Gesetzesinitiativen und Verordnungen mit Branchenbezug frühzeitig zu beeinflussen und praxisnahe Rahmenbedingungen aktiv mitzugestalten.
Dazu zählten etwa die Neuregelung der beschränkten Steuerpflicht, Anpassungen umsatzsteuerlicher Vorschriften, Reformen des Künstlersozialversicherungsgesetzes sowie die Verhandlung von Gesamtverträgen mit der GEMA. Zugleich gelang es, die Veranstaltungswirtschaft dauerhaft in Politik und Medien als eigenständigen und relevanten Wirtschaftszweig zu verankern.
Der Verband war mittlerweile in allen relevanten Branchen-Gremien vertreten und Organisator diverser Konferenzen, darunter „Musik als Wirtschaft“, eine Konferenz die der idkv seit 2002 dreimal im Bundesministerium für Wirtschaft veranstaltete, sowie „Kultur- und Wirtschaftsfaktor Live Entertainment“ im Palais am Funkturm Berlin. Zudem präsentierte er sich in Gremien des Deutschen Musikrats und des Deutschen Kulturrats, um die Belange der Veranstaltungswirtschaft sichtbar zu machen. In den Jahren 2003 wurde ich zum Vizepräsidenten des Deutschen Musikrats gewählt. Seit seiner Gründung nahm ich zudem am Musikdialog im Hamburger Rathaus teil und arbeitete in dessen Vorbereitungsgruppe mit. Von 1995 bis September 2024 vertrat ich den Verband im Beirat der Künstlersozialkasse und war von 2008 bis 2022 Aufsichtsratsmitglied der Initiative Musik gGmbH, der zentralen Fördereinrichtung der Bundesregierung und der Musikbranche für die deutsche Musikwirtschaft.
Ein besonderes Herzensprojekt von mir war die von mir 2006 initiierte und bis 2022 verantwortete Verleihung des Deutschen Live Entertainment Preises ‚LEA‘ (lea-verleihung.de). Die medienwirksame Gala – zunächst in Hamburg, später in der Festhalle Frankfurt – ehrte herausragende Leistungen in allen Bereichen der Kulturveranstaltungswirtschaft. Sie entwickelte sich zum strahlenden Aushängeschild des Verbandes und seiner Protagonisten und einem der bedeutendsten deutschen Kulturpreise. Rund 150 Reporter und Fotografen, Rundfunk- und Fernsehteams versorgten TV-Magazine, Fachzeitschriften und Tagespresse mit aktuellen Branchennews und Boulevardgeschichten, wodurch eine mediale Gesamtreichweite von jährlich etwa 200 Millionen Kontakten generiert wurde. Nach meinem Ausscheiden aus dem Verband wurde die Vergabe des LEA nicht fortgeführt.
2008 schloss der Verband mit der Künstlersozialkasse (KSK) einen Vertrag über eine Ausgleichsvereinigung für die Veranstaltungswirtschaft. Dadurch konnten Mitglieder zwölf Jahre lang die Künstlersozialabgabe zu den mit der KSK vereinbarten Sonderkonditionen direkt über den Verband abrechnen – mit teils erheblichen Einsparungen, selbst nach späteren Anpassungen. Da sich trotz Bemühungen keine beiderseits akzeptable alternative Abrechnungsform fand, beendete die KSK den Vertrag 2012.
Ein weiterer Meilenstein war die Gründung der Verwertungsgesellschaft GWVR, die mein Kanzleipartner und Justiziar des bdv, Dr. Johannes Ulbricht, zusammen mit mir auf den Weg brachte. Sie wurde 2014 vom DMPA zugelassen und ermöglicht es Veranstaltern seitdem erstmals, eine Vergütung für die mediale Auswertung ihrer Leistungen zu erhalten – ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Rechte und der wirtschaftlichen Position der Veranstalter.
2017 fand in Hamburg die erste Auflage der Live Entertainment Summer School statt, in deren Rahmen der bdv in Partnerschaft mit der Interessengemeinschaft Hamburger Musikwirtschaft (IHM) erstmalig ein ganztägiges einwöchiges Fortbildungsprogramm für Branchenpraktiker mit hochkarätigen Dozent:innen veranstaltete, an welchem ich mit mehreren Rechtsvorträgen auch in den Folgejahren mitwirken durfte.
Die wohl größte Herausforderung der Branche und ihres Verbandes stellten die Jahre der Corona-Pandemie dar. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsgemeinschaften des Forums Musikwirtschaft und des Forums Veranstaltungswirtschaft gelang es, die existenzielle Bedrohung der Branche gegenüber der Politik sichtbar zu machen. In dieser Zeit habe ich die Gutscheinregelung initiiert unddurchgesetzt und war maßgeblich an der Ausgestaltung der Livemusik-Förderprogramme im Rahmen von „Neustart Kultur“ sowie an Sonderregelungen für Veranstalter in der November- und Dezemberhilfe beteiligt. Besonders wichtig war dabei die Einbeziehung auch jener Unternehmen, die nur mittelbar von den behördlichen
Veranstaltungsverboten betroffen waren – eine Regelung, die vielen Betrieben und vor allem Agenturen das wirtschaftliche Überleben sicherte.
Last but not least erfüllt es mich mit Freude, dass meine Arbeit für den bdv – und später den BDKV – auch heute personell noch nachhaltige Wirkung zeigt. Auf meinen Vorschlag hin wurde 2002 mein Kanzleipartner, Dr. Johannes Ulbricht, zum Justiziar des Verbandes bestellt. Seither unterstützt er die Mitglieder zuverlässig mit seiner juristischen Expertise. 2014 konnte ich Kim Sommer, die bis dahin für meine Firma Michow Concerts arbeitete, für den bdv „abwerben“. Seither führt sie mit großer Kompetenz und Engagement die Geschäftsstelle des Verbands. Ebenso freut es mich, dass auch Madeline Falkenhahn, Kirsten Möller, Nick Pompetzki, Felix Poulheim und Julia Orkin, die ich während meiner Zeit beim BDKV ins Team holte, weiterhin für den Verband tätig sind.
Die Entstehungsgeschichte des BDKV birgt noch weitaus mehr Höhepunkte, die allerdings den Rahmen eines derartigen Rückblicks sprengen würden. Ich mache kein Hehl daraus, dass ich stolz auf das Erreichte bin – und darauf, zusammen mit den engagierten Vorstandskolleginnen und Kollegen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten ehrenamtlich für den Verband und seine Mitglieder eingesetzt haben, meinem Nachfolger ein so starkes Fundament für seine Arbeit und die Zukunft des Verbands hinterlassen zu haben. Die heute bestehende Stabilität und Handlungsfähigkeit des BDKV ist Ergebnis dieser langjährigen Aufbauarbeit, die der Konzert- und Veranstaltungsbranche und all den von ihr abhängigen Unternehmen heute zugutekommt. Mit ihrem erheblichen Beitrag zum deutschen Kulturbetrieb hat sie diese Basis auch mehr als verdient.
Alles Gute für die Zukunft!
Prof Jens Michow