Das Verfahren der Besteuerung inländischer Einnahmen von Künstlern und Produktionsgesellschaften, die ihren (Wohn)Sitz im Ausland haben, ist in seiner aktuellen Form überholt, aufgrund seiner Komplexität von den Praktikern der Kultur- und Veranstaltungsbranche ohne kostenintensive Inanspruchnahme steuerrechtlichen Rats nicht umsetzbar und wirkt sich zunehmend nachteilig auf den deutschen Kulturbetrieb aus. Vor allem aber stehen die Einnahmen, die dem Fiskus durch die sog. beschränkte Steuerpflicht zufließen, in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu den mit der Beitreibung der Steuern entstehenden Verwaltungskosten und dem durch das BZSt längst nicht mehr zu bewältigenden Verwaltungsaufwand.
Die 2009 erkämpfte Geringfügigkeitsgrenze von 250 € pro Künstler/Veranstaltung, bis zu der ein Steuerabzug unterbleiben darf, bedarf nach 15 Jahren dringend einer angemessenen Erhöhung. Dabei sollte das Ziel verfolgt werden, sich an dem deutschen DBA mit den USA zu orientieren: bis zu einem Schwellenwert von immerhin 20.000 USD pro Künstler steht das Besteuerungsrecht an in Deutschland erzielten Einnahmen allein den USA zu. Anstatt also die Besteuerungsgrenze an der Einnahme pro Veranstaltung festzumachen, sollte es das Ziel sein – wie erstaunlicherweise einzig im DBA-USA erfolgt – eine jährliche Freibetragsgrenze zu verhandeln. Davon würden dann auch Künstler profitieren, die bspw für 10 Veranstaltungen jeweils eine Vergütung von 2.000 € erhalten.
Und natürlich ist es absolut inakzeptabel und bedarf dringender Abhilfe, dass das BZSt offenbar nicht mehr in der Lage ist, der gesetzlichen Regelung des § 50c Abs. 2, S. 6 EStG nachzukommen, wonach über Freistellungsanträge innerhalb von drei Monaten nach Vorlage aller erforderlichen Nachweise zu entscheiden ist.
Allerdings ist der Kulturwirtschaft dringend zu empfehlen, sich in ihren Gesprächen mit der Politik nicht nur auf die Lösung evidenter Mängel des Steuerverfahrens zu konzentrieren. Ziel einer zukunftsorientierten Regelung der beschränkten Steuerplicht muss es vielmehr sein, deren Sinnhaftigkeit bei der Besteuerung von Einnahmen aus künstlerischen Darbietungen insgesamt in Frage zu stellen. Dazu muss mit dem Gesetzgeber eine Debatte über die Diskrepanz zwischen Kosten und Nutzen des Steuersystems geführt werden. Die Niederlande haben diese Rechnung bereits vor 15 Jahren vorgenommen und verzichten seitdem angesichts des hohen bürokratischen Aufwands zur Erhebung dieser sog. Künstlersteuern im Grundsatz gänzlich auf die Besteuerung von Künstlern und Produktionsgesellschaften, soweit diese in den Mitgliedsstaaten der EU ansässig sind. Durch die Versendung von Kontrollmitteilungen an die jeweiligen Finanzbehörden erhält der Wohnsitzstaat die Möglichkeit, seinerseits das Besteuerungsrecht auszuüben. Es geht also nicht um die Einforderung von Steuergeschenken, sondern um die Evaluation eines längst überholten Systems.